Schneider, Stefan: Über das Bunkern. Orientierung, Rausch und Peilung beim Segeln und berhaupt. Berlin 2011
Stadtplan von Berlin aus dem 19. Jahrhundert – Quelle: Wikimedia
Eins. Von der Orientierung.
Seitdem mir mein Vater seinen Stadtplan zeigte, bin ich verliebt in Karten. Denn sie zeigten mir die Welt, die ich kannte: Die Strassen, Plätze und Wege, auf denen ich täglich unterwegs war und auch wichtige Gebäude wie Schulen und Kirchen. Ich war fasziniert, das vertraute wieder zu erkennen in dieser doch ganz anderen Darstellung. Was Abstraktion war, wusste ich damals noch nicht, und mein Vater wahrscheinlich auch nicht. Es war klar, dass ich diesem Plan vertrauen könnte, denn das alles so war, wie es da aufgezeichnet war, stimmte ja mit meiner eigenen Erfahrung überein. Und dennoch hatte diese Karte eine weitere faszinierende Eigenschaft, die ich sehr bald entdeckte. Denn sie zeigte auch Orte, Strassen und Plätze, die ich noch nicht kannte. Mehr noch, sie zeigte mir die Wege dorthin. Ich hatte nur den Strassen zu folgen und mich an entscheidenden Stellen, Kreuzungen, Weggabelungen und desgleichen mehr, richtig zu verhalten. Wie diese Wegpunkte aussahen, konnte ich der Karte entnehmen – jedenfalls mehr oder weniger. Auch Entfernungen waren prima abzuschätzen, denn wie lang die mir vertrauten Wegstrecken waren, wusste ich ja. Wenn also eine Strecke also ein mehrfaches der Entfernung ausmachte, die ich kannte, war in etwa klar, was auf mich zukommen würde. Ich liebte diesen Stadtplan und bat häufig darum, ihn ausleihen zu dürfen. Ich klemmte ihn hinten auf meinen Fahrradgepäckträger und fuhr los. (mehr …)